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Wer billig kauft… Part II

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Es ist wieder Zeit für den Freitagsblog, den ich eigentlich auch vergangene Woche als Liveticker hätte veröffentlichen können. Es war nämlich schon spannend, was da passierte, denn: Ich war bei einem Prozess vor Gericht – zum Glück nur als Besucher. Allerdings war ich in diesen ganzen Fall im Hintergrund schon stärker involviert, wie sich Stammleser eventuell erinnern. Es geht nämlich erneut um die rund 1,5 Jahre alte Story von dem misslungenen Imagefilm, den ein Billig-Produzent für einen Kunden von mir anfertigte. Wer den ersten Teil der Story nochmal lesen möchte: Hier entlang.

Die Kurzfassung: Ein Kunde von mir hatte 2017 an einem neuen Arbeitsplatz angefangen. Dort war bereits ein kleiner Imagefilm beauftragt, der laut Angebot gerade mal 1.800 Euro kosten sollte, inkl. Dreh, Drohne, Schnitt, Fahrtkosten, Musik etc.. Der Film wurde eine mittlere Katastrophe, weil er vor allem technisch nicht sauber war: Der Clip war nämlich eindeutig blaustichig. So weit, so schlecht.

Wie ging es nun weiter? Der Boss meines Ansprechpartners fand den Film schrecklich und verweigerte die Zahlung der Rechnung mit der Begründung, dass der Film nie abgenommen wurde. Und das war korrekt, denn obwohl mein Kontakt die (von mir quasi soufflierten) Fehler-Korrekturwünsche weitergab und den Produzenten auch mehrfach auf den immer noch vorhandenen Blaustich aufmerksam machte, hieß es irgendwann vom Auftragnehmer mit Hinweis auf den niedrigen Preis, dass man den Film jetzt „nicht weiter anfasst“. Der Frust ist natürlich in Hinblick auf die nicht geplanten Arbeitsstunden nachvollziehbar, aber noch einmal: Der Film hatte einen technischen Fehler, der einfach aus Unvermögen und Bocklosigkeit nicht behoben wurde.

GUTACHTEN FROM HELL

Der Produzent bestand auf das vereinbarte Honorar, ein wirklich mehr als faires Gegenangebot lehnte er ab. Er nahm sich eine Anwältin und klagte. Vor dem Prozess wurde ihm erneut ein Vergleich angeboten. Er schlug wieder aus. Der Richter sah sich allerdings nicht in der Lage, den Film technisch beurteilen zu können und ordnete ein professionelles Gutachten an. Die Kosten für dieses Gutachten lagen meines Wissens nach bei über 3.000 Euro, die bis zur Urteilssprechung ja der Kläger tragen muss.

Ich kann hier aus Gründen der Anonymität leider keine Bilder aus dem Clip zeigen, aber glaubt mir: Jeder, der nur etwas Plan vom Filmemachen hat, sieht sofort, dass der Film blaustichig ist. Aber der Produzent willigte tatsächlich in dieses kostenspielige Gutachten ein. Das war in meinen Augen wie lachend in die Kreissäge laufen.

Irgendwann in 2018 trudelte das Gutachten ein – und es las sich – wie von mir erwartet – vernichtend. Auszug „Der vorgelegte streitgegenständliche Werbefilm (…) ist nach Überprüfung der technischen Parameter (…) in nicht einwandfreier Qualität vorgelegt worden. 9 der insgesamt 14 Szenenbilder zeigen eine mehr oder minder starke Blauverschiebung im gesamten Spektrum des Farbraumes. (…) Aufgrund der vermuteten Verwendung einer nicht ausreichenden Software entsteht bei einigen Bildern ein sichtbarer Stottereffekt. (…) Der vorgelegte Werbefilm hat handwerkliche Mängel.“

Jetzt hatte  es der Produzent immerhin schwarz auf weiß, dass er keine professionelle Dienstleistung erbracht hat. Eine teure Bestätigung. Wir alle gingen nun davon aus, dass sich die Geschichte damit erledigt hat und er nach dem Gutachten seine Klage zurückzieht. Das wäre jedenfalls der logische und schlaue Schritt gewesen.

Aber weit gefehlt.

Der Produzent lies durch seine Anwältin das Gutachten in diversen Punkten anzweifeln und forderte nun quasi ein Gutachten vom Gutachten. Die Begründungen, die sie vorbrachten waren aus Filmemacher-Sicht absolut hanebüchen. Dieses erneute Gutachten lag übrigens auch wieder bei circa 3.000 Euro – und brachte exakt das selbe Ergebnis wie das erste.

DIE FREAK-SHOW

Was glaubt Ihr nun, macht dieser Produzent, der wegen eines 1.800-Euro-Auftrags Prozesskosten in Höhe von geschätzten 10.000 Euro für zwei Anwälte, zwei Gutachten, Gerichtskosten und -gebühren in Kauf nimmt obwohl beide Gutachten belegen, dass er vor Gericht eigentlich null Chance haben wird? Klage zurücknehmen oder das Ding durchziehen?

Genau.

Und nun saß ich also vergangenen Freitag beim Amtsgericht im Zuschauerraum, um mir diesen Typen mal live anzugucken – und war natürlich auch auf das endgültige Urteil in diesem Fall gespannt. Leute, ich kann es nicht anders sagen: Was ich dort erlebte, war eine absolute Freak-Show. Es war derart absurd, dass ich diesen Prozess, die beteiligten Figuren und was sich sonst noch dort abspielte, gern etwas ausführlicher beschreiben möchte. Das tue ich aber im kommenden Blogpost, weil dieser hier viel zu lang werden würde.

Ich kann nur sagen:  Seid gespannt und schaut nächste Woche wieder rein. Dann erfahrt Ihr auch, wie das ganze Ding ausging (Yeah, Cliffhanger!). Es lohnt sich, Freunde. Ich selbst komme jedenfalls seit Freitag nicht mehr aus dem Kopfschütteln hinaus…

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